"

14 Führung in hierarchischen Organisationen

Zwei Konstruktionsprinzipien der hierarchischen Organisation

Unternehmen erbringen ihre selbst oder fremd gesetzten Leistungen in arbeitsteiliger Organisation. Das bedeutet, dass an vielen verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten Teilaufgaben bearbeitet werden, deren Ergebnisse zusammen geführt werden müssen. Arbeitsteilung erfordert also Koordination der einzelnen Teilaufgaben: Planung, Kontrolle, gegenseitige Absprachen und laufende Abstimmung sind unerlässlich. Zudem ist durch geeignete Kontrollmassnahmen dafür zu sorgen, dass die Beteiligten die Absprachen auch einhalten. Wenn die Beteiligten ihre Abmachungen nicht einhalten können, müssen sie sich rasch darüber informieren und neu planen und koordinieren.
Zur effizienten und effektiven Erledigung dieser Aufgaben verfügen Unternehmen über das Prinzip der Hierarchie (d.h. ungleiche Verteilung von Macht) und haben eigens auf die Koordination fokussierte Stellen vorgesehen: die Führungspositionen. Sobald Führungspositionen vorhanden sind, finden wir also zwei grundlegende Konstruktionsprinzipien: Weisungsbefugnis und Berichtspflicht. Das bedeutet erstens, dass bestimmte Positionsinhaber (die Führungspersonen), befugt sind, Weisungen zu erteilen, zu kontrollieren und allenfalls zu disziplinieren. Zweitens haben die ihnen unterstellten Unternehmensmitglieder die Pflicht, über Erreichen oder Verfehlen der Vorgaben Bericht zu erstatten.

Weisungsbefugnis und Berichtspflicht sind der Kern der Beziehung zwischen den hierarchischen Ebenen; diese Prinzipien gelten für sämtliche hierarchischen Ebenen.

In aller Regel sind die Führungsperson in einem hierarchischen Unternehmen mit einer Reihe von Rechten und Pflichten gegenüber der nächsten Ebene ausgestattet; diese werden im Folgenden skizziert.

Führungsprinzipien in hierarchischen Organisationen

Verantwortung für die Erfüllung des Leistungsauftrages

Die Führungsperson ist dafür verantwortlich, dass der Leistungsauftrag erfüllt wird. Das bedeutet, dass die Führungsperson primär gegenüber dem Unternehmen verantwortlich ist. Erst in zweiter Linie ist sie den unterstellten Mitarbeitenden gegenüber verantwortlich.

Verantwortung und Kompetenz

Die volle Verantwortung kann nur übernommen werden, wenn der Führungsperson die notwendige Kompetenz (Befugnis) übertragen wird; dazu gehört auch die Sanktionskompetenz. Führungspersonen sind berechtigt (und verpflichtet!), im Falle von unzulässigem Verhalten Massnahmen zu ergreifen.

Ohne erfüllten Leistungsauftrag keine Existenzberechtigung

Die Existenzberechtigung einer Organisationseinheit ergibt sich aus der Erfüllung ihres Leistungsauftrages. Die Erfüllung des Leistungsauftrages ist der Massstab für das Handeln der Führungsperson.

Leistungsauftrag auf Mitarbeitende übertragen

Der Auftrag an die Führungsperson besteht darin, den Leistungsauftrag der Organisationseinheit auf die Mitarbeitenden zu übertragen und die Mitarbeitenden dafür zu gewinnen, den Leistungsauftrag qualitativ gut zu erfüllen. Dazu ist es nötig, den Leistungsauftrag strategisch und operativ in Aufgaben für die Mitarbeitenden zu übersetzen.

Delegation und Vetorecht

Führungspersonen haben das Recht, Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung weiter zu delegieren. Die Delegation kann an Einzelpersonen und an Gruppen erfolgen. Die Letztverantwortung gegenüber dem Auftraggeber bleibt jedoch bei der Führungsperson. Deshalb muss die Führungsperson ein Vetorecht haben gegenüber den Entscheidungen der Personen, an die sie Aufgaben etc. delegiert hat.

Regelkommunikation

Die Führungsperson trifft eine formale Regelung der Kommunikation in der eigenen Organisationseinheit (Regelkommunikation). Es muss allen Beteiligten klar sein, in welchem Turnus, über welche Wege und in welchen Gefässen Informationen weitergegeben und ausgetauscht werden. Die Führungsperson entscheidet, ob die Regelkommunikation direkt oder der Linie entlang erfolgt.

Partizipation

Es liegt in der Kompetenz der Führungspersonen, ihre Mitarbeitenden in die Entscheidungen einzubeziehen. Es ist unerlässlich, im Voraus die Tiefe des Einbezugs festzulegen. Zu definieren ist, ob es um Information geht, ob Mitsprache möglich ist, ob Mitbestimmung möglich oder ob die Mitarbeitenden autonom entscheiden können.

Verantwortung auch nach oben

Jede Führungsperson hat eine doppelte Verantwortung: direkte Verantwortung für die eigene Organisationseinheit und Mitverantwortung für die nächsthöhere Einheit. Die Leistung einer Führungsperson wird daran gemessen, ob und wie gut sie die Zielerreichung beider Ebenen unterstützt.

Loyalität zum Unternehmen

Mit der Übernahme einer Führungsposition erklärt sich die Führungsperson mit diesen Prinzipien einverstanden. Das Unternehmen erwartet, dass Führungspersonen diese Prinzipien in loyaler Haltung beachten.

License

Führungshandbuch Copyright © Annette Schmidt. Alle Rechte vorbehalten.