10 Feedback
Warum ist Feedback notwendig?
Menschen sind darauf angewiesen, zu erfahren, ob sie ein angestrebtes Ziel erreicht haben oder nicht. Im Falle selbst gesetzter Ziele können sie das meistens selbst beurteilen, weil sie erkennen, ob das beabsichtigte Ergebnis eingetroffen ist.
Die Beurteilung schafft die Gewissheit, in der Zukunft bei der ähnlichen Aufgaben oder Absichten wieder gleichartig handeln zu können; wenn das Ziel nicht erreicht wurde, können die Anstrengungen vergrössert, die Methoden verfeinert oder eine ganz andere Herangehensweise gewählt werden.
Schwieriger wird dies, wenn das Handlungsziel nicht selbst gesetzt wurde und das Handlungsergebnis nicht selbst beurteilt werden kann. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Bewährung des Ergebnisses erst mit Zeitverzögerung stattfindet oder Dritte über den Erfolg entscheiden. Bildlich gesagt: erst beim Auftischen des Desserts entscheidet sich, ob die Handlung „Kuchen backen“ auf korrekte Art und Weise durchgeführt wurde; und ob der Kuchen schmeckt, entscheiden die Gäste. In solchen Fällen sind Menschen darauf angewiesen, dass andere Personen ihnen möglichst frühzeitig Auskunft geben, ob ihre Handlungen ‚richtig’ sind, d.h. zielführend, angemessen, verständlich, sozial angepasst usw.
Kein Kind würde sprechen lernen, wenn Erwachsene und andere Kinder nicht dauernd Rückmeldungen über die Korrektheit (in diesem Fall Verstehbarkeit) der Sprechversuche geben würden.
In der Arbeitswelt gilt dieser Sachverhalt in verstärktem Masse. Aufgrund der Komplexität der Aufgaben kann der einzelne Mitarbeitende selten entscheiden, ob die Bearbeitung der einzelnen Teilaufgabe auch im grösseren Zusammenhang ‚richtig’ ist. Mitarbeitende sind auf frühzeitige, umfassende und zutreffende Rückmeldungen angewiesen. Unterlassenes Feedback heisst, den Mitarbeitenden die Chance vorenthalten, sich zu verbessern, zu lernen oder sich weiter zu entwickeln.
- Ohne Feedback keine Möglichkeit, den Arbeitseinsatz zu verbessern
- Ohne Feedback keine Notwendigkeit, zu lernen
- Mitarbeitende haben ein Recht auf kritisch-konstruktives Feedback.
Welche Funktionen hat Feedback?
Für das Zusammenwirken von Mitarbeitenden und Führungskräften hat Feedback eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Es erinnert an die gegenseitigen Erwartungen und spricht explizit aus, ob und inwieweit die Erwartungen erfüllt sind und es legt fest, was in Zukunft mehr, besser oder anders zu tun ist. Nicht zuletzt: es vermittelt Klarheit, was heute schon gut läuft und weiter so getan werden soll.
Funktion für Mitarbeitende
Feedback gibt Mitarbeitenden die Sicherheit, dass die eigenen Handlungen einen Beitrag zur Zielerreichung der Organisation darstellen. Im Falle von Zielabweichung gibt Feedback den Mitarbeitenden einen verbindlichen Hinweis, wie die eigenen Arbeitshandlungen verbessert werden können. Feedback erinnert Mitarbeitende an die Erwartungen und stellt klar, dass diese weiterhin gültig sind.
Funktion für Führungskraft
Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitenden Rückmeldungen geben, erfüllen sie eine ihrer zentralen Pflichten als Führungskraft: sie übersetzen die Anforderungen des Unternehmens in Verhaltenserwartungen, sie bewerten die Angemessenheit des Verhaltens und sie sorgen für die Erfüllung dieser Erwartungen. Mit Rückmeldungen betonen und stärken Führungskräfte ihre Position im Unternehmen.
Funktion für Kollegen
Menschen in Arbeitsorganisationen achten sehr genau darauf, was geschieht, wenn ihre Kollegen die in sie gesetzten Erwartungen nicht voll erfüllen. Stellen sie fest, dass es keine Konsequenzen hat, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, dann liegt ihre Schlussfolgerung nahe, dass auch andere Vorgaben z.B. für Arbeitsleistung nicht wirklich bindende Gültigkeit haben. Verzicht auf Feedback schwächt die Position der Führungskraft bei all jenen, die dieses Verhalten beobachten.
Funktion für Arbeitsorganisation
Unternehmen verlassen sich darauf, dass ihre Führungskräfte zuverlässig Feedback geben. Nur dann ist sichergestellt, dass die Erwartungen der Organisation nachhaltig kommuniziert werden. Zudem ist regelmässiges Feedback eine Voraussetzung, dass Massnahmen für Personalentwicklung getroffen werden.
Feedback stösst nicht einfach auf offene Ohren
In Arbeitsorganisationen ist Wertschätzung, Erfolg, Laufbahn, ja sogar die Zugehörigkeit zum Unternehmen eng daran gekoppelt, dass mindestens ausreichende Leistung erbracht wird. Es ist deshalb für Mitarbeitende nicht immer einfach, kritische Rückmeldungen zur eigenen Leistung oder zum Sozialverhalten zu bekommen. Kritische Rückmeldungen können vom Einzelnen als Warnsignal, oft sogar als Alarmzeichen gewertet werden. Nicht selten besteht bei den Mitarbeitenden deshalb eine Tendenz, solchen Rückmeldungen aus dem Wege zu gehen oder sie mit Gegenargumenten zu entkräften.
Führungskräfte dürfen sich nicht verleiten lassen, auf Feedback zu verzichten. Im Gegenteil: Führungskräfte sind gerade auch zu konstruktiven und manchmal auch kritischen Rückmeldungen verpflichtet – im Interesse aller Beteiligten.
Regeln für das Geben von Feedback:
Beobachtungen mitteilen
- Teilen Sie mit, was Sie gesehen haben. Zu welchen Konsequenzen hat das von Ihnen beobachtete Verhalten geführt. Versuchen Sie Wertungen wegzulassen. Schliessen Sie nicht von den Beobachtungen auf die Persönlichkeit; sprechen Sie ausschliesslich von Verhalten.
Ich-Botschaften
- Sprechen Sie von sich: Was haben Sie beobachtet (Verhaltens- oder Tatbestandsbeschreibung)? Was haben die Beobachtungen bei Ihnen ausgelöst? Welche Folgen hat das Verhalten für Sie (Zeit, Geld, Energie, Integrität)?
konkret + nützlich = konstruktiv
- Je konkreter Ihre Beobachtungen, desto nachvollziehbarer sind Ihre Aussagen. Beziehen Sie sich auf tatsächliche Ereignisse. Aussagen wie „nie“, „immer“ oder „im Allgemeinen“ sind schwer verdaulich und selten korrekt.
- Formulieren Sie Hinweise, mit denen Ihr Gegenüber tatsächlich etwas anfangen kann. Moralische Appelle oder Forderungen, die Ihr Gegenüber beim besten Willen nicht erfüllen kann, erzeugen Hilflosigkeit.
Angemessenheit
- Aussagen, die Menschen herabsetzen oder entwerten, bewirken Abwehr und Widerstand und keine Veränderungsbereitschaft. Beschreiben Sie immer auch Handlungen, die Sie an Ihrem Gegenüber schätzen.
Zeitpunkt und Ort
- In der Regel ist Feedback wirksamer, wenn es kurzfristig an das beobachtete Verhalten anschliesst. Allerdings ist es wenig hilfreich, wenn die Person gerade sehr beschäftigt oder konzentriert ist. Oft ist es sinnvoll, einen Termin zu vereinbaren und das Feedback anzukündigen. Suchen Sie sich einen ruhigen Ort, an dem Sie nicht gestört werden.