18 Selbstmanagement
Selbstmanagement – was ist das?
Selbstmanagement ist eine Bezeichnung für das Management der eigenen Person und der eigenen Handlungen. Es ist ein Sammelbegriff für all die Fähigkeiten und Fertigkeiten, Methoden und Techniken, mit denen ein Mensch seine Ziele festlegt, das Handeln plant, anschliessend tatsächlich handelt und aus dem Effekt seine Lernerfahrungen ableitet.
Lange wurde Selbstmanagement in der Arbeitswelt eingeschränkt auf den Umgang mit der verfügbaren Zeit, d.h. um eine möglichst optimale Planung, Koordination und Umsetzung all der Termine und Aufgaben, die bewältigt werden sollten. Neuerdings fasst man Selbstmanagement weiter: auch die persönlichen Ziele und die private Situation sollen durch ein erfolgreiches Selbstmanagement leichter erreicht werden. Damit werden auch Fragen des Umgangs mit den eigenen Ressourcen und der Gesundheit, Familie und soziale Beziehungen Gegenstand des Selbstmanagements. Es versteht sich fast von selbst, dass sich ein optimiertes Management der privaten Ansprüche und Anforderungen auf die Leistungsfähigkeit in der Arbeitswelt auswirkt.
Selbstmanagement und Führung
Für Führungspersonen sind Fragen des Selbstmanagements aus zweierlei Gründen relevant:
Zum einen ist die Arbeitsbelastung in aller Regel hoch. Der Belastung wird nicht selten mit vermehrter Anstrengung begegnet: Mehrarbeit, Heimarbeit, Intensivierung der Arbeitsleistung durch Beschleunigung usw. Dies ist bestenfalls vorübergehend erfolgreich, ist aber mit Sicherheit keine Dauerlösung. Unlustgefühle, Verstimmung und andere Stresssymptome sind bekannte Folgen; häufig wird dadurch die allgemeine Lebensqualität eingeschränkt, zuweilen ist auch die Arbeitsfähigkeit betroffen. Im Extremfall führt diese Bewältigungsstrategie zum Raubbau an der eigenen Gesundheit. All diese Lösungsversuche, besser: Scheinlösungen, sind auch nicht im Interesse des Unternehmens. Der Erwerb von Methoden und Techniken, um z.B. die Organisation der eigenen Arbeitszeit oder das Verhältnis von Arbeits- und Erholungszeit zu optimieren, ist längerfristig sinnvoller.
Zum anderen: Führungskräfte werden von ihren Mitarbeitenden grundsätzlich genau beobachtet. Die Mitarbeitenden interpretieren das Handeln ihrer Vorgesetzten als „anzustrebende Norm“, die ihnen täglich vorgelebt wird. Sehen Mitarbeitende, dass ihr direkter Vorgesetzter täglich über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeitet, dann ist die unausgesprochene Botschaft eindeutig: „Hier wird viel gearbeitet; wer viel arbeitet ist ein wertvolles Mitglied des Unternehmens“. Nimmt ein Vorgesetzter regelmässig Arbeit mit nach Hause, dann werden analoge Schlussfolgerungen gezogen. Kurz gesagt: Die Vorbildrolle von Führungspersonen gilt nicht nur in Bezug auf Qualität, Kundenfreundlichkeit, Seriosität usw., sondern ebenso auf den Umgang mit den eigenen Ressourcen.
Verantwortungsvolles Selbstmanagement ist für Führungspersonen eine besondere Verpflichtung. Mit dem praktizierten Arbeitstechniken und Zeitmanagement, mit ihrem Umgang mit Ressourcen und Gesundheit geben sie ihren Mitarbeitenden die Norm vor, ob sie wollen oder nicht.
Zeitmanagement und Führung
Es ist unmöglich, hier einzelne Techniken für die Optimierung der eigenen Zeitverwendung vertieft darzustellen. Stattdessen wird lediglich ein einfaches Schema skizziert.
In grober Vereinfachung lassen sich drei Typen von Zeit unterscheiden:
Arbeitszeit: das ist die Zeit, die wir bei unserer bezahlten Arbeit verbringen. Sie bringt uns die Bestätigung, ein wertvolles Mitglied eines grösseren Ganzen zu sein und dort einen wichtigen Beitrag zu leisten; wir erleben in der Arbeitszeit den Wert unseres Wissens und Könnens und wir erleben uns als fähige, gesuchte Mitglieder.
Sozialzeit: das ist die Zeit, die wir mit anderen Menschen zubringen: Sie dient dem Austausch von Gedanken und Gefühlen. Hier erleben wir das Gefühl, dazu zu gehören. Wir erfahren Wertschätzung, unabhängig von beruflicher Position und Erfolg. Wir führen Auseinandersetzungen, wir zeigen uns anderen Menschen. All dies ist für uns ein Wert an sich.
Eigenzeit: das ist die Zeit, in der wir uns erholen, in der wir abschalten, uns regenerieren, in der wir etwas für uns selbst machen und nur unseren eigenen Ansprüchen genügen wollen und können. Niemand „will etwas“ von uns.
Die Bilanz dieser drei Zeiten muss bei Menschen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, zwingend in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen. Das muss nicht jeden Tag der Fall sein, aber innerhalb eines Zeitraums von einer, maximal zwei Wochen brauchen alle Menschen ihren Anteil an Sozial- und Eigenzeit.
Für Führungspersonen gilt häufig folgendes: rollengemäss wird ein Grossteil der Arbeitszeit mit sozialen Kontakten, nämlich mit Mitgliedern des Unternehmens und mit Kunden/innen verbracht. Arbeitszeit und Sozialzeit fallen zu einem grossen Teil zusammen. Der Bedarf an Sozialzeit wird während der Arbeitswoche zu einem beträchtlichen Teil innerhalb des Unternehmens gedeckt. Allerdings sind diese Kontakte durch ein einseitiges Profil gekennzeichnet: sie beziehen sich auf Aufgaben; sie enthalten die Komponenten ‚Leistung’ und ‚Konkurrenz’; der positive emotionale Gehalt ist in der Regel beschränkt; zuweilen sind sie mit Ärger und Frustration gekoppelt. Die Möglichkeit, alleine und ungestört an einer Sachaufgabe zu arbeiten, ist aufgrund nicht verfügbarer Zeit und aufgrund des Rollenprofils (Führungsperson!) gering.
Leben Führungskräfte in einer Partnerschaft und/oder mit Kindern zusammen, dann sind die Erwartungen an die Verfügbarkeit der Person nicht mit dem Feierabend beendet; im Gegenteil besteht zu Hause häufig der Wunsch nach ungeteilter Aufmerksamkeit und Austausch. Auch hier entsprechen die meisten Führungspersonen den Rollenerwartungen; zumindest versuchen sie dies nach besten Kräften, doch können die Ereignisse des Tages bekanntlich nicht einfach an der Garderobe zurückgelassen werden. Die Szenerie ist zu gut bekannt, sodass sie nicht weiter beschrieben werden muss.
Fazit: Was bei Führungskräften (sowie bei vielen Mitarbeitenden) in aller Regel zu kurz kommt, ist die Eigenzeit. Ohne diese Regeneration schwindet die Fähigkeit und Bereitschaft, sich produktiv und engagiert auf Arbeitsaufgaben und Sozialkontakte einzulassen. Häufig verläuft auch die private Sozialzeit nicht nach den Vorstellungen der Partner, da eine echte und innere Präsenz nicht einfach abrufbar ist. Die bewusste Einrichtung von Eigenzeit ist für die Führungsperson selbst, für das Unternehmen und nicht zuletzt oft auch für die Partnerschaft und die Familie eine bedenkenswerte Massnahme.
Hilfsmittel für Selbstmanagement
Das Angebot für ‚Selbstmanagement’ ist riesig. Es besteht eine Unzahl von mehr oder weniger ausgefeilten Ratgebern, Methoden und Techniken, mit denen die eigene Effektivität und Effizienz verbessert werden soll. Von einfachen Memoriertechniken bis hin zu aufwändigen und/oder IT-gestützten Priorisierungs- und Planungssystemen findet sich alles. Es gibt allerdings keine Tricks und keinen Ansatz, der bei allen Menschen mit Garantie zu den versprochenen Wirkungen führt. Ein Blick ins Internet und in die einschlägigen Gestelle der Buchhandlungen und nicht zuletzt die Nachfrage bei Kollegen und Kolleginnen bleibt einem nicht erspart.
Bei sämtlichen Methoden und Ansätzen gilt jedoch folgende Regel: ohne kritische Selbstbeobachtung und ohne ausgeprägte Bereitschaft, auf eingeschliffene Gewohnheiten zu verzichten und auszubrechen, wird sich kein Effekt einstellen. Der selbstkritische Blick auf den eigenen Umgang mit den eigenen Ressourcen bleibt einem nicht er-spart. Dazu ist Ehrlichkeit und Disziplin erforderlich, wodurch ein bereits gefüllter Alltag erst einmal zusätzlich belastet wird. Es darf kein Ziel sein, sich durch neue Methoden zusätzliche Aufgaben aufzuladen und sich noch mehr einzuschränken. Vorübergehend ist jedoch jede Umstellung auf andere Planungsgewohnheiten, auf systematische Prioritätensetzung usw. ein Zusatzaufwand.