15 Führung von unten
Was ist Führung von unten?
Über Führung wird intensiv diskutiert. In vielen Unternehmen gehören Führung und die eigenen Vorgesetzten zu den wichtigsten Themen, wenn Mitarbeitende miteinander sprechen. In der Regel dominiert bei diesen Gesprächen die Perspektive „von oben nach unten.“
Häufig geht vergessen, dass Führung ein interaktives Geschehen ist. Führungsbeziehungen werden nie einseitig gestaltet, gepflegt und entwickelt. Natürlich ist die Macht in der Führungsbeziehung nicht gleich verteilt, denn Unternehmen sind keine demokratischen Gebilde. Aber das heisst nicht, dass die Unterstellten über keine Macht verfügten. Auch die Geführten führen, allerdings in anderer Form, weniger offensichtlich und vor allem nicht offiziell. Geführte sind nie ohnmächtig.
Die Macht der Mitarbeitenden für die Gestaltung der Führungsbeziehung wird dann besonders deutlich, wenn sie sich der Führung verweigern. Mitarbeitende sind ohne weiteres in der Lage, ihre Vorgesetzten scheitern zu lassen; ‚erfolgreiche’ Verhaltensmuster sind bewusstes Missverstehen, Dienst nach Vorschrift, Optimierungsresistenz, verspätete oder unterlassene Information usw. Die Liste ist endlos und wohlbekannt. In der Tat sind die Führungspersonen darauf angewiesen, dass die Mitarbeitenden sich aktiv und konstruktiv an der Gestaltung der Führungsbeziehung beteiligen.
Konstruktive Unterstützung der Führung verlangt eine genaue Beobachtung der internen Arbeitsprozesse, der Ressourcen, der Kunden und ihrer Reaktionen und auch der Führungsperson. Führungspersonen sollten sich darauf verlassen und es zulassen können, dass ihre Mitarbeitenden immer dann die Initiative ergreifen, wenn sich etwas nicht so entwickelt, wie das vorgesehen oder abgesprochen war.
Führung von unten: die objektive Notwendigkeit
Führungspersonen wären vollständig überfordert, wenn sie selbst und alleine alle relevanten Ereignisse innerhalb des Unternehmens und in den wichtigen Umwelten registrieren und bewerten müssten. Führungspersonen wären ebenso überlastet, wenn sie sämtliche Vorgänge und Dossiers innerhalb ihrer eigenen Organisationseinheit kennen müssten. Zudem wäre es eine unrealistische Erwartung, wenn Führungspersonen sämtliche Prozesse und Verfahren beherrschen müssten, die innerhalb ihres Verantwortungsbereichs praktiziert werden. Hier ist die aktive Unterstützung durch die eigenen Mitarbeitenden unerlässlich. Das gilt zwischen sämtlichen Hierarchieebenen eines Unternehmens.
Aktive und konstruktive Unterstützung heisst nicht „Zielsetzungen und Vorgaben abwarten – Vorgaben übernehmen und korrekt ausführen – Vollzug melden – nächste Vorgabe abwarten.“ Sondern diese Unterstützung beinhaltet auch die kritische Auseinandersetzung über Ziele, Produkte und Dienstleistungen, über Prozesse und Methoden, über Kundenreaktionen usw. Kurz: Führung von unten geht nicht ohne den Blick über die eigene Aufgabe hinaus.
Führung von unten: empfehlenswerte Taktiken
In den meisten Unternehmenskulturen ist es üblich, dass die Qualität der Kommunikation (u.a.) davon geprägt ist, ob die Kommunikationspartner der gleichen oder verschiedenen Hierarchieebenen angehören. Das Verhalten von Menschen in Unternehmen hängt immer (auch) davon ab, ob das Gegenüber eine höhere hierarchische Position hat als die eigene, eine gleichgestellte oder eine tiefere Position. Das hat Konsequenzen für das „Führungsverhalten von unten.“
Mitarbeitende, die die Initiative ergreifen und ihren eigenen Vorgesetzten Anstösse geben wollen, werden demzufolge anders auftreten, als dies die Führungspersonen in der umgekehrten Situation machen würden. Insbesondere werden Mitarbeitende alles zu vermeiden trachten, was den Anschein erweckt, sie massten sich selbst die hierarchisch höhere Position an. Der Auftritt von Mitarbeitenden, wenn sie „von unten führen wollen“, signalisiert grundsätzlich dreierlei:
- Loyalität zum Unternehmen: die Hierarchie im Allgemeinen wird respektiert,
- Wertschätzung der Person: die höhere Position der Führungsperson im Speziellen wird als gerechtfertigt anerkannt,
- Sachorientierung: das aktuelle Auftreten orientiert sich ausschliesslich am Interesse der Sache und rechtfertigt sich durch die Detailkenntnisse und den Wissensvorsprung, den Mitarbeitende haben und die Führungsperson in der Regel nicht haben kann.
Wenn Sie von unten führen wollen, dann gibt es erfolgversprechende
Kommunikationstaktiken:
- Beeinflussen Sie durch Überzeugen (Fakten, sachliche Argumente, Berechnungen etc.)
- Argumentieren Sie mit den Vorteilen Ihrer Vorschläge und Ideen für die Zielerreichung
- Bringen Sie Ihren Vorschlag in Verbindung mit der konkreten Erreichung der gemeinsamen Ziele
- Drücken Sie Wertschätzung und Respekt aus
- Zeigen Sie Loyalität gegenüber der Aufgabe
- Knüpfen Sie am Gemeinsamen an (Wertvorstellungen, Ziele), nicht am Trennenden
- Keine Abwertung anderer Personen
- Nutzen Sie das fachliche und persönliche Vertrauen, das Sie durch Ihre bisherige Zusammenarbeit aufgebaut haben
- Die Entscheidung bleibt bei der Führungsperson; sie bekommt im Erfolgsfall auch die Lorbeeren, denn sie hat richtig entschieden. Das gilt es zu akzeptieren.
Erfolgreiche Führung von unten kann die nächst höhere Führungsperson unterstützen
Erfolgreiche Führung von unten steht erkennbar im Interesse der Aufgabe
Erfolgreiche Führung von unten verfolgt keine egoistischen Ansichten