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22 Konfliktmanagement

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Theorie

Bearbeitung und Lösung von Konflikten

Bearbeitung und Lösung eines Konflikts sind primär vom Verhalten der Beteiligten abhängig. Meist wird eine friedliche Beilegung angestrebt. In diesem Idealfall wird ein Konflikt von den Beteiligten besprochen und im Konsens beigelegt. Sind alle Beteiligten mit der Lösung zufrieden, spricht man von einer win-win-Lösung. In Unternehmen sind win-win-Lösungen nicht der Regelfall.
Ist die Macht der Beteiligten ungleich verteilt, wird die stärkere Partei versuchen, ihre Position durchzusetzen. Das löst die Konfliktursache zwar nicht auf. Sofern die Machtverteilung von der schwächeren Partei jedoch akzeptiert ist, führt dies dennoch zu einem gangbaren Ergebnis, insofern klar ist, was getan werden muss (z.B. wie die Ressourcen verteilt werden, welche Methode gewählt wird usw.).
Reale Konfliktlösungen reichen von vernünftigen Gesprächen zwischen allen Beteiligten bis hin zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Strategien der Konfliktbearbeitung

Zur Lösung von Konflikten stehen unterschiedliche Strategien zur Auswahl. Welche Strategie gewählt wird, ist abhängig von der relativen Position der zwei Konfliktparteien zueinander. Entscheidend ist:
Wie viel Durchsetzungsvermögen (Macht) steht zur Verfügung?
Wie gross ist der Wille, an der Konfliktbearbeitung mitzuarbeiten?
Aus der Kombination dieser beiden Dimensionen ergeben sich vier Strategien der Konfliktbearbeitung; das veranschaulicht die folgende Tabelle:

Die Wahl einer Strategie für die Konfliktbearbeitung ist demnach situations- und personenabhängig. Die Möglichkeiten sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich:


Im Schnittpunkt der vier Strategien findet sich der Kompromiss. Je nach Wahrnehmung werden Kompromisse daher oft unterschiedlich beurteilt; meist entsteht das Gefühl, nicht das bestmögliche Ergebnis erzielt zu haben.
Eine neue Errungenschaft ist der Konsens. Er ist das Ergebnis eines gelungenen Verhandelns von Interessen. Beide Seiten entwickeln gemeinsam neue Lösungen, die ihren jeweiligen Bedürfnissen entsprechen. Die Lösungen haben hohe Akzeptanz, erfordern aber Geduld und eine grosse Gesprächsbereitschaft.

Konfliktmanagement: eine Aufgabe der Führung?

Führungspersonen sind häufig mit Konflikten konfrontiert. Sie beobachten aktuelle oder sich anbahnende Konflikte bei ihren Mitarbeitenden und müssen sich entscheiden, ob sie aufgrund ihres Führungsauftrages eingreifen sollen. Gerade bei sich verfestigenden Konflikten ist eine klare Intervention durch die Führung nötig. Je früher diese geschieht, umso leichter ist der Konflikt lösbar. Bei eskalierten Konflikten muss vermutet werden, dass die Führungsebene zu lange abseits stand. Bei geringer Eskalation des Konfliktes ist die Intervention durch die unmittelbar vorgesetzte Führungsperson sinnvoll und möglich. Ist der Konflikt hoch eskaliert, empfiehlt sich der Beizug von neutralen Dritten.

Konfliktmanagement
Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Eskalation oder einer Ausbreitung eines bestehenden Konfliktes
Mit Konfliktmanagement sollen Konflikte erkannt und gelöst werden, indem das eigene Konfliktverhalten hinterfragt und neues Konfliktverhalten erlernt wird.

Konflikten vorbeugen

Prävention ist die beste Form von Konfliktmanagement. Sich ankündigende Konflikte sehr frühzeitig zu erkennen und gar nicht erst eskalieren zu lassen gelingt am besten durch Feedback. Dabei ist zu denken an

  • Feedback geben,
  • Feedback einfordern,
  • Feedback tatsächlich entgegen nehmen.

>h1>Stufen der Konflikteskalation

Häufig werden neun Stufen (nach Glasl) unterschieden, in denen Konflikte eskalieren können, von der harmlosen Auseinandersetzung zur unerbittlichen Zerstörung, die die Selbstzerstörung in Kauf nimmt.

Praxis

Konflikte bearbeiten

Bei gering eskalierten Konflikten (Stufen 1 bis 3) können Führungspersonen einen verhandlungsähnlichen Prozess einleiten. Voraussetzung für die Konfliktbearbeitung durch die Führungsperson ist, dass die Parteien der Führungsperson Vertrauen entgegen bringen und sie als neutral ansehen. In Unternehmen können Führungspersonen Vertraulichkeit und Neutralität nicht grundsätzlich gewährleisten. Bei vielen Konflikten kommen Führungspersonen in Rollenkonflikte.
Die u. a. Tabelle enthält eine bewährte Systematik der Etappen, mit der Konflikte bearbeitet werden können. Diese Zusammenstellung soll einen Eindruck über das Vorgehen vermitteln; sie ersetzt kein Training in Konfliktmanagement.

Schritt 1 Vorabklärung Die Führungsperson muss vor der direkten Intervention klären, ob durch den Konflikt Interessen des Unternehmens berührt sind. Ist dies der Fall, kann und darf die Führungsperson nicht neutral sein. Sie wird eher lenkend und erklärend eingreifen als vermittelnd (z.B. sicherheitsrelevante Streitpunkte).
Schritt 2 Einstieg Um für die Konfliktbearbeitung eine konstruktive Atmosphäre zu erreichen, sollen die Parteien (wenn nötig) in getrennten Gesprächen die Möglichkeit erhalten, ihre Hoffnungen und Befürchtungen zu äussern. Die Parteien sind in gleichem Masse einzubeziehen.
Schritt 3 Auftragsklärung Die Parteien formulieren ihre Wünsche und Vorstellungen für das anzustrebende Ziel. Diese werden gemeinsam zusammengetragen. Daraufhin wird das weitere Vorgehen geklärt und abgesprochen, dabei sind Vorschläge der Parteien willkommen. Bieten sich für die Bearbeitung des Konfliktes mehrere Möglichkeiten an, wird über den weiteren Weg einvernehmlich entschieden.
Schritt 4 Konfliktklärung Mit jedem Konfliktpartner werden vier Dimensionen geklärt: Welche sachlichen Aspekte sind den Parteien besonders wichtig?
Welche emotionalen Belastungen sind mit dem Konflikt verbunden?
Wie erlebt die Partei die Beziehung zum Kontrahenten?
Welche Wünsche an die andere Partei sind vorhanden?
Um das Konfliktpotential zu entschärfen werden abwertende Bemerkungen und Angriffe in einer vertretbaren Sprache formuliert. Unstrittige Punkte werden herausgearbeitet. Übrig bleiben die Kernpunkte des Konfliktes.
Schritt 5 Verhandlung Die Sammlung von möglichen (Teil-)Lösungen stellt den Einstieg in die Verhandlung dar. Eine zu geringe Zahl der Lösungsvorschläge könnte zum Scheitern des Einigungsprozesses führen. Um Bewegung in die Positionen zu bringen, ist es meist hilfreich, die eingefahrenen Kommunikationsgleise zu verlassen und die Parteien anders als gewohnt miteinander reden zu lassen als bisher. Es wird versucht, einzelne Elemente der Ideen so zu kombinieren, dass die entstehende Mischung von allen Beteiligten getragen werden kann. Die Abkehr von Ideallösungen ist in der Regel notwendig. Zu erreichen ist, dass beide Seiten Zugeständnisse in Betracht ziehen. Der Prozess setzt die Verabredung eines Aufschubs von schnellen Lösungen voraus.
Schritt 6 Vereinbarung Die Vereinbarung für Massnahmen oder künftige Regelungen ist mit einer präzisen Zielvereinbarung zu kombinieren. Zu verteilen sind die einzelnen Aufgaben, Ressourcen und Kompetenzen. Schliesslich sind allfällige Etappen und ein Termin für die Erfolgskontrolle festzulegen.
Schritt 7 Erfolgskontrolle Nach Abschluss der Konfliktbearbeitung wird sich im Alltag zeigen, ob sich die Massnahmen oder Regelungen bewähren und tatsächlich geeignet sind, um den Konflikt nachhaltig zu lösen. Deshalb wird oft ein Nachfolgetermin vereinbart, um die Erfolgskontrolle durchzuführen und allfällige Massnahmen oder Regelungen anzupassen.

Vertiefung

Wirkungsvolles Handeln bei der Konfliktklärung

Innerhalb der Konfliktklärung gibt es einige Verhaltensweisen der Führung, die für einen positiven Gesprächsverlauf hilfreich sind:

  • Die Führungsperson fragt bei den Aussagen der Mitarbeitenden nach, bis wirklich klar ist, worum es geht.
  • Die Führungsperson fasst das Gehörte periodisch zusammen, damit alle auf demselben Stand sind und die Konfliktparteien sicher sind, dass sie richtig verstanden wurden.
  • Die Führungsperson weist Übergriffe, die dem Gesprächsklima schaden, konsequent zurück.
  • Die Führungsperson strukturiert das Gespräch klar und direktiv; sie gibt die Leitung nicht aus der Hand.
  • Die Führungsperson nimmt Lösungsvorschläge auf, jedoch erst, wenn klar ist, worum es beiden Seiten geht. Vorzeitige Lösungsversuche bleiben meist wirkungslos.

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